I. Einleitung
Quälst Du Dich gerade mit dem Gedanken, Deinen Studiengang zu wechseln? Vielleicht hattest Du von Tag 1 an Zweifel, ob Du die richtige Entscheidung getroffen hast. Oder vielleicht verlierst Du von Semester zu Semester mehr und mehr das Vertrauen und hörst eine zweifelnde Stimme in Dir, die sagt: „Vielleicht wärst Du woanders doch besser aufgehoben?!“ Einen bereits angefangenen Studiengang zu wechseln, ist keine einfache Entscheidung! Das weiß ich sowohl aus eigener Erfahrung als auch aus vielen Beratungen in meiner Coaching-Praxis. Mit diesem Artikel möchte ich Dir deshalb die Entscheidung ein wenig erleichtern. Hierfür gebe ich Dir konkrete Tipps an die Hand und hoffe, dass Du am Ende Deine nächsten Schritte klarer vor Dir siehst.
II. Quick Win: Die Geschichte vom toten Pferd
Ein altes Sprichwort lautet: „Wenn Du entdeckst, dass Du ein totes Pferd reitest, steig ab.“ Ich bin keine Reiterin, aber das leuchtet mir erst einmal ein 😉 Übertragen auf die Frage des Studiengangwechsels bedeutet das: Sobald Du merkst, dass Du im (für Dich) falschen Studiengang gelandet bist, wechsele!
Ich weiß, ich weiß. So einfach ist das nicht. Denn sobald Du anfängst, darüber nachzudenken, entsteht ein anstrengendes Gedankenkarussell: „Woher weiß ich, dass mein Pferd wirklich tot ist? Vielleicht ist es nur erschöpft? Was werden die anderen sagen, wenn ich auf ein anderes Pferd umsattele? Werden sie sagen, ich hätte zu früh aufgegeben? Soll ich lieber sitzen bleiben, bis ein neues perfektes Pferd vorbeikommt? Und was, wenn gar kein besseres mehr kommt?“
Es braucht viel Mut, so genau hinzugucken und auch hinzufühlen. Denn am Ende des Tages gibt es in dieser Situation keinen Tierarzt, der kommt und objektiv feststellt, dass es nicht mehr weitergeht. Es bleibt eine subjektive Entscheidung. Deine subjektive Entscheidung. Deshalb ist es vollkommen in Ordnung, wenn Du Dir Zeit nimmst, um abzuwägen und Klarheit zu bekommen.
Aber tu Dir einen Gefallen: Bleib bei Dir. Das ist eine Entscheidung für Dich, für Dein Leben, für Deine Karriere, für Deinen Geist und für Dein Herz. Wenn das Pferd tot ist, steig ab, wenn Du es wiederbeleben kannst, reite gerne weiter, aber mach Dich so frei wie möglich von den Meinungen und Erwartungen anderer. Du allein weißt, was sich hier richtig anfühlt! Und so sehr Dich das aktuell vielleicht überfordert – Du wirst am Ende des Prozesses zu Recht stolz und zufrieden sein, dass Du diese Entscheidung für Dich getroffen hast.
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III. Fünf Entscheidungs-Tipps:
a) Anfangsprobleme: Zeitmanagement & Heimweh
Der erste Eindruck zählt. Und ja, ich würde von mir selbst behaupten, dass ich in manchen Situationen ein sehr eindeutiges Bauchgefühl habe und innerhalb von Sekunden weiß: Das isses oder das isses nicht.
Wenn Du aber zu studieren beginnst, kommen so wahnsinnig viele neue Dinge zusammen, dass es schwierig ist, ein schnelles und eindeutiges Bauchgefühl zu haben. Auch das gibt es! Aber es ist wohl eher die Ausnahme.
Ich würde Dir also empfehlen, Dir zumindest mal ein Semester Zeit zu nehmen, um überhaupt ein Gefühl für das Studieren generell, für Dein Studium im Speziellen, für die vielleicht neue Stadt und das neue soziale Umfeld zu bekommen.
Die zwei größten Probleme, die ich bei Studienanfänger*innen sehe, sind Zeitmanagement und Heimweh. Zeitmanagement, weil man sich an deutschen Hochschulen sehr gut und selbständig organisieren muss, was manchen von Natur aus schwerer fällt als anderen. Da kann schonmal ein bisschen Verzweiflung und vielleicht auch Selbstzweifel aufkommen! Und mit Heimweh meine ich natürlich die Trennung von zuhause, von den Schulfreund*innen, von der Heimat und irgendwie auch von dem „alten Leben“ in Schule und Familie. Für beide Probleme gilt: Verurteile Dich nicht dafür und lass Dir Zeit zu wachsen!
b) Diffuse Unzufriedenheit: Räume Deine Gedanken & Gefühle auf!
Wenn jemand zu mir ins Coaching kommt, der/die überlegt, den Studiengang zu wechseln, fange ich immer erst einmal an, ihnen beim Aufräumen zu helfen. Emotional und inhaltlich. Hier ein paar mögliche differenzierende Fragen:
Was steckt hinter Deinen Zweifeln oder hinter Deinem Frust? Sind es „nur“ Wachstumsschmerzen? Also zum Beispiel die oben beschriebenen Probleme Zeitmanagement oder Heimweh? Oder geht es ganz konkret um die Inhalte in Deinem Studiengang? Wenn es um die Inhalte geht: Was genau hattest Du Dir anders vorgestellt? Was hattest Du Dir erhofft? Welche Kurse interessieren Dich und welche nicht?
Eine der wichtigsten Fragen ist: Haderst Du mit Deinem Studiengang oder mit dem möglichen Beruf danach? Viele sagen nämlich: „Ich sehe mich später gar nicht mehr als Jurist*in, Ingenieur*in, Lehrer*in, Architekt*in, Soziolog*in arbeiten!“ Das ist ein wichtiger Punkt! Vielleicht hilft Dir hier ein entsprechendes Praktikum in den Semesterferien weiter?
Auf der einen Seite kann ein klares berufliches Ziel motivieren, das Studium durchzuziehen, auf der anderen Seite kann es sich aber auch zu eng anfühlen, wenn man schon auf so einem klaren Weg in die Rente zu sein scheint 😉
Deswegen ist es so wichtig aufzuräumen: Je klarer Du vor Dir hast, was Dich aktuell verunsichert und frustriert, umso einfacher wird es sein, Antworten zu finden und Schritt für Schritt zu Deiner Entscheidung zu kommen.
An dieser Stelle noch ein wichtiger Hinweis zur psychischen Gesundheit: Kein Studiengang dieser Welt ist es wert, sich kaputt zu machen!!!! Wenn psychisch und/oder körperlich nichts mehr geht (und das kommt in diesen Zeiten leider häufiger vor!), bitte immer die Pausetaste drücken, professionelle Hilfe holen, durchatmen und dann (irgendwann) mit freiem Kopf neu an die Sache herangehen.
c) Versteckte Versagensängste: Trau‘s Dir zu!
Ein Gefühl, was sich sehr häufig hinter der Frage „Soll ich meinen Studiengang wechseln?“ versteckt, ist die Frage: „Schaffe ich dieses Studium überhaupt?“ Ich spreche hier von „versteckten“ Zweifeln, weil es uns häufig nicht bewusst ist, wie sehr Versagensängste unsere Entscheidungen beeinflussen. Wir reden uns dann ein stückweit ein, dass wir dieses Studium nicht beenden wollen, um der Erfahrung auszuweichen, es nicht zu schaffen.
Natürlich kannst nur Du wissen, ob Du es schaffst. Und wenn Du wirklich durch fast jede Prüfung rasselst, ist der Studiengang vielleicht einfach zu weit weg von Deinen Stärken.
Aber lass Dir von Deiner Versagensangst nicht vorschnell vorgaukeln, es sei Zeit, den Studiengang zu wechseln! Vielleicht musst Du hier erst einmal an Deiner Haltung schrauben und Dir mehr zutrauen, bevor Du aufgibst? Leichter gesagt als getan, aber die Klarheit wird sich lohnen. Eine gute Coachingfrage in diesen Fällen ist: „Wenn ich Dir heute versprechen könnte, dass Du diesen Studiengang erfolgreich bestehen wirst, würdest Du dann weitermachen?“
Diese versteckten Versagensängste zu erkennen, ist deshalb so wichtig, weil sie auch in einem anderen Studiengang jederzeit auftauchen können – und dann hast Du möglicherweise nichts gewonnen durch einen Wechsel…
d) Hast Du eine strahlende Alternative?
Parallel zur Frage, ob Du Deinen aktuellen Studiengang abbrechen möchtest, stellt sich natürlich die Frage der Alternative. Was möchtest Du stattdessen studieren? Natürlich ist auch ein Wechsel zu einer Ausbildung oder einem dualen Studium möglich!
Egal welche Form – die Frage ist: Was möchtest Du stattdessen machen? Auf welches Pferd möchtest Du umsatteln?
Die meisten, die zu mir ins Coaching kommen, weil sie über einen Studiengangwechsel nachdenken, haben keinen wirklichen Alternativplan. Ist ja auch logisch!
Denn denjenigen, die schon genau wissen, was sie lieber machen möchten, fällt die Entscheidung meist nicht so schwer. Es kostet zwar immer ein bisschen Überwindung, nochmal neu anzufangen, aber wenn ich mich auf ein neues Ziel freue, fällt der Abschied vom alten leichter.
Deshalb ist das eine ganz entscheidende Frage: Hast Du eine Alternative, die Dich begeistert? Die Dich zum Strahlen bringt? Auf die Du Dich freust? Bei der Du klare Vorteile siehst? Egal ob emotional, inhaltlich oder karrieretechnisch? Wenn nicht, nimm Dir Zeit, eine solche zu finden. Durch Reinschnuppern in andere Fächer, andere Studiengänge, durch Gespräche mit Studierenden anderer Fächer, durch Podcasts, Interviews etc.
Vielleicht passt ein duales Studium oder eine Ausbildung besser, oder vielleicht findest Du durchs Schnuppern heraus, dass Lehramt doch Dein Ding ist oder dass BWL Dich viel mehr begeistert als Du dachtest…
Wenn Du aber partout keine bessere Alternative findest, dann denke doch nochmal darüber nach, ob Du es nicht doch durchziehen möchtest. Manche Persönlichkeiten (so wie ich zum Beispiel!) haben so viele verschiedene Interessen, dass sie sich sehr schwer für das eine Fach entscheiden können. Als ich damals über einen Studiengangwechsel nachdachte, hatte ich immer die Hoffnung, dass ich die eine Alternative finden würde, die mich zum Strahlen bringt. Inzwischen weiß ich: Ich bin nicht der Typ für eine Richtung, für einen Weg, für eine Karriere. Deswegen bin ich persönlich froh, dass ich mein Studium damals durchgezogen habe, weil ich sonst ewig auf ein anderes Pferd gehofft hätte, das perfekt passt – und mal ehrlich: das wäre nie gekommen.
Aber eben: Das ist meine Geschichte. Wenn Du eine Alternative finden möchtest, die Dich strahlen lässt, dann GO FOR IT!!!! (Und wenn Du hierfür ein Coaching benötigst, melde Dich gerne bei mir :))
e) Umwege gehören dazu!
Wir in Deutschland machen uns das Leben manchmal unnötig schwer. Wir glauben, wir müssten mit 18 schon wissen, was wir die nächsten 40 Jahre beruflich machen werden, wir glauben, die Jobrichtung zu wechseln, wäre ein riesiges Problem, und entsprechend schwer tun wir uns auch mit anderen Umwegen wie zum Beispiel dem Wechsel des Studiengangs. Dabei gehören die doch dazu!!!
Ich habe in meinen Coachings, für meine Bücher und im Podcast schon mit sooo vielen Menschen über ihre Lebenswege gesprochen, und die allerwenigsten machen mit 50 noch das, was sie sich mit 18 mal vorgenommen hatten. Interessen ändern sich, Berufe ändern sich, die Welt ändert sich, und das Leben kommt immer wieder dazwischen.
Also RELAX! Wenn Du heute Biologie studierst, kannst Du in 20 Jahren trotzdem ein veganes Restaurant in Mailand leiten. Wenn Du jetzt Jura studierst, hält Dich das nicht davon ab, in 15 Jahren mit Deiner Musik Geld zu verdienen. Und nur weil Du heute auf Lehramt studierst, heißt das nicht, dass Du für immer Lehrer*in sein musst.
Unser Leben funktioniert nur Schritt für Schritt. Deshalb folge heute dem, was sich heute richtig anfühlt, was Dir Spaß macht und wo Du Deine Stärken einsetzen kannst. Mit diesem Selbstbewusstsein und mit dieser Klarheit wirst Du alle Arbeitgeber*innen überzeugen – mit oder ohne Studiengangwechsel im Lebenslauf!
Und was morgen ist, werden wir dann sehen.
IV. Das musst Du beachten: Fristen, Bafög & Co.
Es gibt einige praktische Dinge, die Du beachten musst, wenn Du Deinen Studiengang wechseln möchtest. Du solltest am besten die Studienberatung Deiner Hochschule ansprechen, um Dich über Immatrikulations- und Exmatrikulations-Fristen zu erkundigen. Wenn Du Dich für einen Wechsel entscheidest, erkundige Dich unbedingt, welche Scheine Du Dir anerkennen lassen kannst und ob es zum Beispiel eine Höchststudiendauer (bei Nebenfächern) gibt! Solltest Du BaföG beziehen, erkundige Dich unbedingt, bis wann und wie oft Du Deinen Studiengang wechseln kannst, ohne Deinen Anspruch zu verlieren. Deiner Krankenkasse kannst Du ähnliche Fragen stellen.
Ein paar weitere Tipps und Checklisten findest Du z.B. hier: https://www.project-u.info/blog/hochschulwechsel-studiengangwechsel-und-studienabbruch-was-ist-zu-beachten und hier: https://www.mystipendium.de/studium/studiengang-wechseln
V. Fazit: Deine Zukunft wird Dich finden!
Die gute Nachricht ist: Es kommt sowieso immer alles anders als wir denken 😉 Deshalb bleibt uns nichts anderes übrig, als Schritt für Schritt unseren Weg zu gehen. Ich habe mich damals nach langem Zweifeln und einer semesterlangen Studienpause dazu entschieden, mein Studium durchzuziehen, u.a. weil ich keine Alternative gefunden habe, die mich wirklich zum Strahlen brachte.
Ehrlich gesagt habe ich mein Studium aber sowieso nicht für das gebraucht, was ich heute mache. „Mein Ding“ habe ich durch Praktika, Weiterbildungen und immer weiter Ausprobieren gefunden.
Hätte ich „mein Ding“ mit einem Wechsel des Studiengangs früher gefunden? Oder noch später? Who knows…. Deine Zukunft wird Dich finden! Du wirst „Dein Ding“ finden! Das muss nicht jetzt sofort sein, das muss auch nicht bis zum Studienende passieren, aber wenn Du Schritt für Schritt weitergehst und Deinem Strahlen folgst, dann wird es passieren. Freu Dich schonmal drauf 🙂
VI. FAQ
Wie oft kann ich den Studiengang wechseln?
Theoretisch gibt es keine Begrenzung, zumindest laut Hochschulrecht. Es gibt aber natürlich andere begrenzende Faktoren wie BAfÖG, Kindergeld, Krankenkasse etc. Außerdem empfiehlt es sich ab einem gewissen Punkt sicherlich, zumindest mal eine Ausbildung abzuschließen. Wann genau dieser Punkt ist, muss aber jede*r für sich selbst entscheiden.
Woran merke ich, dass ich das Falsche studiere?
Das ist leider bei jeder/m sehr unterschiedlich. Vielleicht langweilst Du Dich? Oder Du bist komplett überfordert? Vielleicht schiebst Du auch andauernd alles auf, was Du für Dein Studium eigentlich erledigen müsstest? Oder bekommst Du Bauchschmerzen, wenn Du zur Uni gehst? Beobachte Dich sehr genau! Wenn Dir nur mal ein, zwei Fächer nicht gefallen, ist das nicht unbedingt ein Grund, das ganze Studium zu wechseln. Und wenn Du grundsätzlich jemand bist, der gerne Dinge auf den letzten Drücker macht, muss das Aufschieben auch kein Zeichen sein! Du kennst Dich selbst am besten, deshalb ist mein Rat an Dich: Beobachte Dich, höre in Dich rein, schreib Dir regelmäßig auf, was Dir gut gefällt an Deinem Studiengang und was Dir nicht so gut gefällt, sprich mit Studierenden, die schon etwas weiter sind als Du… So wirst Du nach und nach immer mehr Klarheit bekommen, ob Du den Studiengang wechseln solltest oder nicht.
Wie wichtig sind gute Noten an der Uni?
Es kommt drauf an, was Du danach machen möchtest. Es gibt sicherlich (konservativere) Konzerne oder Beratungen, die als Arbeitgeber so beliebt sind, dass sie ggf. über die Abschlussnote aussieben. Außerdem wird in der Wissenschaft und in der Forschung sicherlich mehr auf gute Noten geachtet als in anderen Bereichen. Das Gleiche gilt, wenn Du Dich für Stipendien bewerben möchtest. ABER für alle anderen Branchen würde ich sagen: Es kommt so dermaßen darauf an, wie die Unternehmen und ihre Personaler*innen so „drauf“ sind! Viele wissen, dass Noten nichts über Deine Persönlichkeit oder Deine praktischen Fähigkeiten aussagen! Sobald Du die Chance hast, Dich vorzustellen, spielen die Noten sicherlich keine große Rolle mehr. Erst recht nicht die einzelnen Fächernoten! Da wird höchstens noch auf das Abschlusszeugnis geschaut. Mein Tipp: Geh mit Deinen Noten selbstbewusst um. Schau Dir an, in welchen Fächern Du besonders gute oder schlechte Noten hast und sei bereit, dazu etwas zu sagen! Und lege den Fokus dabei auf Deine Stärken!! Wenn Du zum Beispiel ein Kommunikations-Ass bist, kannst Du immer einen lockeren Spruch über schlechte Noten in den sehr theoretischen Fächern machen und damit zeigen: Du weißt, wo Deine Schwächen, aber vor allem auch Deine Stärken liegen.
Zu viel Auswahl? Gemeinsam finden wir das richtige für Dich!
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