Neulich habe ich mich auf einer Party mit einer Bekannten unterhalten. Sie erzählte von ihrer erwachsenen Tochter, über deren Beziehung und berufliche Entscheidungen. Das Fazit meiner Bekannten war: „You do you!“ Sprich: „Es ist ihr Leben, nicht meins.“
Mimik und Tonfall verrieten allerdings, dass sie eigentlich überhaupt nicht einverstanden ist mit den Entscheidungen ihrer Tochter. Und so sehr sie versucht, sich mit ihrer Meinung zurückzuhalten – ich bin mir sicher, dass allein ihre hochgezogenen Augenbrauen sie bei jedem Zusammentreffen verraten…
Egal ob Familie, Bekannte, Nachbarn oder Fremde – wenn wir ehrlich sind, haben wir doch oft Bilder im Kopf, wie Menschen „eigentlich“ zu sein oder sich zu verhalten hätten und können ihre Entscheidungen nicht nachvollziehen.
- Warum zieht meine beste Freundin ihrem Partner hinterher, obwohl sie ihn erst seit drei Monaten kennt?
- Warum geht mein Kollege nicht in Vaterzeit?
- Warum will sich meine Freundin plötzlich vegan ernähren?
- Warum quält sich meine Tochter durch ihr Studium, obwohl sie immer Schneiderin werden wollte?
Oft haben wir Meinungen, manchmal auch Urteile. Und je nach Enneagramm-Typ fällt es uns leichter oder schwerer, diese Urteile für uns zu behalten.
Schauen wir uns dazu mal die drei Bauchtypen an, denn diese sind bekanntlich stark in ihrer Intuition und damit auch oft schnell in ihren Bewertungen.
Typ 1, der Perfektionist, und Typ 8, der Herausforderer, haben sehr starke Wertesysteme, nach denen sie leben, und diese Werteschablonen wenden sie auch auf andere Menschen an. Typ 1 noch etwas rigider als Typ 8, dafür vielleicht etwas leiser 😉
Das Gute daran ist: Als Gegenüber weiß ich sehr schnell, woran ich bin, denn es wird alles sehr direkt an- und ausgesprochen. Das Problem ist: Mit ihrer sehr direkten Art können sie ihr Gegenüber leicht verunsichern, beeinflussen und kontrollieren.
Als Kontrast dazu sieht sich der dritte Bauchtyp, Typ 9, der Vermittler, in der Verantwortung, für Harmonie zu sorgen. In seiner Logik spricht er seine Meinung also lieber nicht offen aus, schließlich möchte er niemandem auf den Schlips treten und erst recht niemanden konfrontieren, wenn dies zum Streit führen könnte.
Das Gute daran ist: Menschen fühlen sich in ihrer Gegenwart sehr sicher und verstanden und öffnen sich. Das Problem ist: Manchmal ist eben doch eine Wertung da, sie sagen’s nur nicht.
Was ist jetzt besser?
Meine Bekannte vom Anfang ist definitiv in Typ 8 zuhause. Entsprechend stolz war sie auf sich, dass sie sich in ihren Äußerungen der Tochter gegenüber zurückgehalten hat. Aber ihre Wertung war ja immer noch da! Ob sie es nun mit Worten oder mit den Augenbrauen sagt…
Nicht offen zu sagen, was man denkt, macht einen also nicht automatisch zu einem toleranteren Menschen.
Das gilt dann natürlich auch für Typ 9 – denn nur weil sie es nicht offen aussprechen, kann ihr Urteil immer noch intolerant und vernichtend sein.
Echte Toleranz hat für mich etwas mit Neugier zu tun. Mit Offenheit. Und natürlich auch mit Ehrlichkeit.
Der erste Schritt ist deswegen auch, ehrlich zu Dir selbst zu sein! Nimm bewusst wahr, wenn Du über die Entscheidungen anderer urteilst und aus welchen Motiven heraus Du das tust.
Bewertest Du sie nach Deinen Werten und lässt sowieso keine andere Meinung zu?
Oder bist Du aufrichtig anderer Meinung und lässt Dich auf eine offene und tolerante Diskussion ein?
Egal in welchem Persönlichkeits-Typ Du zuhause bist: wirklich tolerant zu sein, ist wahnsinnig schwierig und bleibt in meinen Augen eine lebenslange Aufgabe.
Das Enneagramm kann dabei aber helfen! Melde Dich also gerne bei mir, wenn Du Dich für eine Typisierung oder ein Coaching interessierst. Ich gebe Dir dann auch sehr gerne ein Feedback, wie gut Du Deine Augenbrauen unter Kontrolle hast… 😉