Der Kampf mit dem Tempo-Teufel

Nov 12, 2015

Der Kampf mit dem Tempo-Teufel

Nov 12, 2015

Wenn eine sehr gute Freundin Dich in ein 5 Sterne-Luxus-Spa-Schloss-Wellness-Resort-Paradies an der Ostsee einlädt – was sagst Du dann? Genau. „Ja, sehr gerne – danke.“ Wenn Du – wie ich – sagst: „Ich weiß noch nicht ganz genau, ob ich Zeit dafür habe.“, dann hast Du vermutlich auch so einen fiesen Antreiber in Dir… Wie ich.

„Sei schnell!“ – „Sei perfekt!“ – „Streng Dich an!“ – „Sei gefällig!“ – „Sei stark!“

Das sind – laut Transaktionsanalyse – die 5 Antreiber, die uns im negativen Sinne motivieren, so und so zu handeln. Sie setzen uns unbewusst unter Druck, weil wir sie meist als Kind schon übernommen und ihre Richtigkeit nie in Frage gestellt haben.

Heute widme ich mich v.a. einem dieser Antreiber:

Sei schnell!

Wer meine Familie kennt, wird sich nicht wundern, dass der Antreiber „Sei schnell!“ bei mir besonders ausgeprägt ist 😉

(Wenn Du herausfinden möchtest, welche Antreiber bei Dir besonders ausgeprägt sind, findest Du weiter unten den Link zu einem Online-Test!)

Aber es geht mir nicht darum zu gucken, woher er kommt, sondern es geht mir darum, was dieser Antreiber in mir heute noch bewirkt.

Deswegen teile ich hier mit Euch 5 schlechte Angewohnheiten von mir, die der Antreiber „Sei schnell!“ heute noch in mir auslöst. Und falls Du die eine oder andere Angewohnheit auch von Dir kennst, gibt es direkt kleine Übungen dazu, wie Du lernst, den Tempo-Teufel in seine Schranken zu weisen.

#1: Ungeduld.

Dass unsere Kinder nicht mehr auf mich hören, wenn ich sage „Wir müssen uns jetzt ein bisschen beeilen!“ wundert mich nicht. Das ist wie mit der Wirkung von Koffein… Wenn man zu viel davon hat, lässt sie nach. Sollte dieser Satz irgendwann mal Wirkung gezeigt haben (und auch da bin ich mir nicht ganz sicher), dann bewirkt er inzwischen auf jeden Fall eher ein noch lähmenderes Trödeln an allen Fronten.

Der Punkt ist: Wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich es oft gar nicht SO eilig. Ich warte nur einfach nicht gerne!

Die Ampel braucht zu lange, bis sie grün wird; der Nagellack ist immer zerkratzt, weil ich keine Lust habe zu warten, bis er ganz trocken ist; und Menschen, die im Gespräch nicht direkt zum Punkt kommen, machen mich wahnsinnig.

Es ist manchmal so, als säße mir ein kleiner Typ im Ohr, der andauernd schreit: BEEIL DICH!!!

Darf ich vorstellen? DAS ist mein stärkster Antreiber.

Und Ungeduld ist die erste logische Konsequenz, wenn man ihn nicht im Griff hat.

Tipp #1:
Wenn Du die Ungeduld in Dir hoch kochen spürst, halte inne und überlege, ob Du es wirklich so eilig hast – oder ob der Antreiber Dich in der Hand hat und Dir (und anderen) das Leben unnötig schwer macht. Wenn letzteres der Fall ist (z.B. an der Ampel): atme tief durch und halte Deinem Antreiber ein imaginäres Schild entgegen, auf dem steht: „Entspann Dich!“.

#2: Zu viel zu schnell = Stress!!

Ist ja klar… Meine Ungeduld führt meistens dazu, dass ich zu viel zu schnell machen und auch erreichen möchte. Meine To do Liste immer voll. Zu voll. Und wenn ich ehrlich bin: ich könnte einiges davon verschieben. Nicht alles drängt. Viele Ideen müsste ich nicht direkt umsetzen. Will ich aber!

Will ich wirklich??

Oder ist das wieder mein Tempo-Teufel, der mich auf der Überholspur durch meine Ziele und Pläne jagt?

Tipp #2:
Auch hier gilt es genau hinzugucken: Was von Deinen To Dos ist wirklich JETZT zu machen? Und was hätte noch Zeit? Teile Deine To Do Liste in 2 Spalten auf: In die eine schreibst Du, was Du wirklich kurzfristig abarbeiten musst oder willst! In die andere Spalte kommt das, was dem Tempo-Teufel geschuldet ist. Das sind Dinge, die entweder noch mehr Zeit hätten oder die Du vielleicht gar nicht machen willst oder musst. Mit denen Du Dich unnötig unter (Zeit-)Druck setzt. Merkst Du den Unterschied?

#3: Gut Ding will Weile haben? Näh…

Aus meiner Arbeit mit dem Enneagramm weiß ich, dass verschiedene Persönlichkeits-Typen verschiedene Vorstellungen von Zeit haben. Und von Genauigkeit. Ich bin ein intuitiver Typ, also entscheide ich sowieso gerne aus dem Bauch heraus, und das bedeutet meistens: schnell!! Das gilt nicht nur für Entscheidungen wie: „Welches Eis esse ich heute?“. Auch für Auto, Waschmaschine und Studium habe ich mich am liebsten aus dem Bauch heraus entschieden.

Der Tempo-Teufel beeinflusst aber nicht nur meine Entscheidungen, sondern auch meine Arbeit.

Meine Blogposts habe ich meistens fix runter geschrieben – am liebsten ohne sie nochmal zu überarbeiten.

Aber gerade beim Schreiben lerne ich, wie wichtig es sein kann, die Dinge nochmal ruhen zu lassen. Drüber zu schlafen. Häufig arbeitet es in meinem Kopf noch weiter, und ich stelle doch nochmal etwas um. Oder ich hole Feedback ein…

Ich gebe mir und meiner Arbeit Zeit zu wachsen. Das ist eine sehr schöne Erfahrung, auch wenn ich mich manchmal dazu zwingen muss.

Tipp #3:
Plane für etwas, das Dir besonders am Herzen liegt – egal ob beruflich oder privat – doppelt so viel Zeit ein als Du Dir normalerweise nehmen würdest. Text schreiben, Projektidee entwickeln, Geschenke kaufen, Essen machen – ganz egal was. Mindest doppelt so viel Zeit. So, dass Du denkst „im Leben brauche ich nicht so viel Zeit dafür“. Und dann schau mal, wie sich das anfühlt.

#4: Always 2 steps ahead.

Es ist überall zu lesen: Lebe im JETZT. Genieße den MOMENT. Usw. Und ich weiß, was gemeint ist – und wenn ich meditiere oder meine Achtsamkeit trainiere, spüre ich auch die positiven Effekte dieser Haltung.

ABER es kommt doch immer wieder das Leben dazwischen. Und im Alltag ertappe ich mich häufig dabei, dass ich eine Sache tue und mindestens schon die nächsten beiden Dinge auf meiner Liste bearbeite.

Für manche Bereiche ist das fantastisch! Zum Beispiel für die Organisation von Konzerten, wie ich es früher gemacht habe, oder für andere zeitsensible Abläufe im Beruf oder im Alltag ist das durchaus eine Stärke.

Aber manchmal stiehlt diese Angewohnheit mir auch Fokus, Konzentration und Energie.

Tipp #4:
In diesem Fall empfehle ich als Achtsamkeitsübung, einfach wahrzunehmen, wenn das passiert: Bist Du ganz bei der Sache oder schon mit den nächsten Aufgaben beschäftigt? Allein das Wahrnehmen wird Dir Freiraum verschaffen. Denn Du wirst merken, dass Du die Gedanken an die nächste Tätigkeit auch aktiv wegschieben kannst!

#5: Falsche Prioritäten.

Nun komme ich zurück zu meinem Eingangsbeispiel mit meiner Freundin und dem Ostsee-Wellness-Hotel. Ich hatte durchaus „gute Gründe“ zu zögern. Es ist tatsächlich nicht ganz einfach, sich berufstätig mit Kindern zwei Tage aus dem Alltag zu schälen. Es ist mit viel Aufwand und auch Opfern auf vielen Seiten verbunden.

Aber es geht. So wie vieles geht. Wenn wir unsere Prioritäten klar haben.

Nicht nur mein Tempo-Teufel „Sei schnell!“ ist hier am Werk, wenn ich nicht die richtigen Prioritäten setze. Da gesellen sich dann noch andere Teufel dazu. „Sei perfekt!“ „Streng Dich an!“ etc. Manche nennen sie alle zusammen den Inneren Kritiker oder Saboteur.

Wer auch immer uns das Leben schwer macht in diesen Momenten: Wir können uns wehren!

Aber nur, wenn wir Klarheit darüber haben, was uns wichtig ist und was nicht.

Tipp #5:
Mein letzter Tipp dazu: Wenn Du wieder eine Entscheidung treffen musst, die Dir schwer fällt, dann achte darauf, dass nicht nur die Teufel aka Antreiber zu Wort kommen, sondern auch die wohlwollende Stimme in Dir. Die Stimme, die IMMER auf Deiner Seite ist und sich nur Gutes für Dich wünscht. Die Stimme, die zu 100 % parteiisch ist, und zwar für Dich.

Meiner Erfahrung nach lassen wir diese wohlwollende Stimme viel zu selten zu Wort kommen. Stattdessen lassen wir uns antreiben von Stimmen, die nicht unbedingt gegen uns sind, aber deren Anwesenheit durchaus hinterfragt gehören!!

Wenn Du herausfinden möchtest, welche Antreiber bei Dir am stärksten vertreten sind, dann mache hier den Test!

Ich für meinen Teil bin sehr froh, dass ich meiner wohlwollenden Stimme an die Ostsee gefolgt bin. So hatte ich Entspannung, Genuss, Sport, Freude, Ruhe, viele tolle Gespräche und habe viel gelacht. Wenn das mal nicht ganz oben auf die Prioritätenliste gehört….

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