In meinem Blog geht es heute um ein Thema, das mir schon lange auf der Seele liegt und endlich raus muss. Mehr verrate ich nicht.
Meine Eltern haben es nur gut gemeint mit diesem Satz. Aber wenn ich daran zurückdenke, hat er mich wie fast kein anderer unter Druck gesetzt:
„Du hast alle Optionen.“
Ich möchte nicht undanbkar sein und weiß alles zu schätzen, was ich bekam: Bildung, Reisen, Eindrücke, Fremdsprachen, Zeit zum Ausprobieren, Zeit zum mich finden. Das haben nicht viele Menschen auf dieser Welt.
Aber jede Medaille hat zwei Seiten.
Was aus der Sicht meiner Eltern (beide 1941 geboren) zurecht der Traum vom Dasein war: „alle Freiheiten zu haben“, breitete sich in mir zu einer existentiellen Krise aus.
Ich hatte ein sehr gutes Abitur – das führte zu zusätzlichem Druck… „Muss ich nicht etwas ganz Besonderes tun, besonders Großes leisten?“ Jetzt hatte ich nicht nur alle Optionen – ich hatte zusätzlich noch das Gefühl, es müsste etwas ganz Besonderes sein.
Dem Abitur folgte eine lange, lange Suche.
Erschlagen von Optionen brachten mich all diese Entscheidungen um den Schlaf:
Welches Studium? Welcher Schwerpunkt? Welche Stadt? Welches Praktikum? Welcher Job?
Welchen Weg soll ich gehen?
Ich bin dankbar für alle Wege, die ich ausgetestet habe und nicht zuende gegangen bin (eine Promotion zB) – und ich bin dankbar für die vielen tollen Dinge, die ich durchgezogen habe (eine Firmengründung zB). Ich bin demütig, weil ich weiß, dass nicht viele solche Möglichkeiten haben, und ich bereue nichts.
ABER ich wünschte mir heute, dass ich mir eine Frage früher gestellt hätte:
Welchen Weg WILL ich gehen?
Es hat viele Gründe, dass ich mir diese Frage nicht gestellt habe. Einige davon sind sehr persönlich. Sie haben mit meiner Familie, mit meinem Lebenslauf und mit meiner Persönlichkeitsstruktur zu tun.
Aber ich sehe als Coach, dass ich nicht die einzige bin, die diese unendliche Freiheit und die Millionen von Möglichkeiten unserer Generation AUCH als Bürde empfindet.
Wir sind dankbar und demütig. Auf der einen Seite. Und auf der anderen Seite fühlen wir uns verloren im luftleeren Raum der Optionen.
Schmunzelnd denke ich gerade an mein Lieblingsbuch in der Grundschule zurück: „Die Insel der 1.000 Gefahren“. Es fängt damit an, dass der Leser auf eine einsame Insel gespült wird und am Ende jeder Seite zwischen zwei Optionen entscheiden kann.
Entscheidest Du Dich A) für ein Robinson-Leben oder willst du B) möglichst schnell gerettet werden? Je nachdem wofür Du Dich entscheidest, liest Du weiter auf Seite 12 oder auf Seite 27… usw….
In meinem Leben hätte ich mir manches Mal gewünscht, dass ich am Ende eines Abschnittes auch nur 2 Optionen gehabt hätte. Wäre das nicht so viel einfacher gewesen?
Im Nachhinein denke ich: Nein. Denn weniger Freiheit wäre für mich auch keine befriedigende Lösung gewesen.
Aber die brennende Frage ist: Wie können wir unsere Freiheit genießen, ohne davon überfordert zu sein?
Genau hier liegt für mich die größte Herausforderung unserer Generation. Denn wir möchten ja weiter alle Optionen haben!
Aber wir müssen dieser Herausforderung aktiv begegnen. Und sich zwischen vielen, vielen Optionen entscheiden zu müssen, IST eine Herausforderung.
Mein Lösungsvorschlag ist folgender: Lerne Dich kennen.
Finde heraus, was Dich motiviert, was Dir Spaß macht, welchen Weg DU wirklich gehen willst.
Je besser Du Dich kennst desto bewusster kannst Du Entscheidungen für Dich und aus Dir heraus treffen.
Diesen Weg bin ich auch gegangen. Es war ein langer und durchaus schwieriger Weg, aber er hat sich gelohnt. Denn nur dieser lange Weg zu uns bringt uns zu einer inneren Klarheit, die Glück verspricht…
Und dort angekommen fühlt sich die Insel der tausend Möglichkeiten – endlich !! – ZIEMLICH gut an. 🙂