Vom Trotz zur achtsamen Haltung in 4 Schritten

Jan 15, 2015

Vom Trotz zur achtsamen Haltung in 4 Schritten

Jan 15, 2015

Heute verrate ich Euch, was erwachsene Trotzanfälle mit unseren Bedürfnissen zu tun haben und wie wir sie in 4 Schritten in eine konstruktive Haltung umwandeln können.

SCHRITT 1: TROTZ ALS SOLCHEN ERKENNEN

Zu Trotz fällt mir sofort der Suppen-Kaspar ein. Kennt Ihr den?

„Ich esse keine Suppe! Nein!
Ich esse meine Suppe nicht!
Nein, meine Suppe ess ich nicht!“

Es mag uns nicht mehr beim Mittagessen passieren, aber wenn wir mal ganz ehrlich sind, kennen wir den einen oder anderen Trotzanfall doch auch von uns selbst, oder??

„ICH ESSE MEINE SUPPE NICHT!!!“

Mir ist das neulich auf dem Tennisplatz passiert… Wir trainieren meistens zu viert, und gegen Ende der Stunde spielen wir Punkte aus. Mal im Team, mal alleine. „Welches Team zuerst 11 Punkte hat, hat gewonnen“ oder so ähnlich. Jedenfalls müssen wir die Punkte mitzählen. Logisch.

Und aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen war es – zumindest aus meiner – Sicht so, dass NIEMALS jemand mitzählte… außer mir.

Das ist jetzt objektiv betrachtet nicht wirklich dramatisch und vielleicht noch nicht einmal wahr. Aber als wir neulich wieder Punkte ausspielten und ich wieder als einzige wusste, wie es steht, war ich urplötzlich so RICHTIG ANGEP…..

„WARUM MUSS ICH IMMER MITZÄHLEN!?!“

Wie gesagt: Nicht mein stolzester Moment.

Aber ein guter Moment, um hinzuschauen…

SCHRITT 2: GEFÜHL IN DEN ZWISCHENSPEICHER

Warum mich diese eigentlich banale Situation so emotional werden ließ, verstand ich nicht direkt.

Was ich in diesem Moment aber tat, war folgendes: Ich nahm das trotzige Gefühl als solches wahr, schämte mich ein bisschen 😉 und schickte es erst einmal in einen „Zwischenspeicher der Gefühle“ und vergaß es wieder …

… bis mich ein paar Wochen später eine andere Situation in einem vollkommen anderen Kontext ähnlich wütend machte.

Und dann noch eine.

Und irgendwann merkte ich – die hängen alle zusammen…

SCHRITT 3: ZWISCHENSPEICHER ZUSAMMENPUZZELN

Ich fühlte mich nämlich auch in anderen Bereichen allein-verantwortlich.

Das wundert mich grundsätzlich nicht, denn ich nehme wirklich gerne vieles in die Hand. Ich initiiere und organisiere viel – sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontext.

Beim Zusammenpuzzeln dieser TROTZ-Gefühle wurde mir aber bewusst, dass sich in bestimmten Momenten zwei elementare Bedürfnisse in die Quere kommen:

Das eine ist mein Bedürfnis, gerne und schnell Verantwortung zu übernehmen. Ich stoße gerne Dinge an, ich initiiere, habe Ideen und kann mich und meine Mitmenschen leicht motivieren und begeistern.

In diesen ersten Momenten gefällt es mir auch, der Initiator zu sein. Ich genieße gewissermaßen die Kontrolle, die damit einhergeht. Dann bin ich am Ruder. Und ich bin auch ein bisschen stolz, dass mir das so leicht fällt.

Aber nach einer gewissen Zeit fühlt sich die (imaginäre) Allein-Verantwortung sehr schwer an. Dann will ich nicht mehr alleine Punkte mitzählen. Dann sollen sich die anderen ihre Punkte doch selber merken! Ätschi kolätschi! 😉

Genau in diesen Momenten kommt nämlich das zweite elementare Bedürfnis an die Oberfläche: mein Bedürfnis nach Unabhängigkeit. Wenn – objektiv oder subjektiv – zu vieles an mir dran hängt, zu viele Menschen von mir abhängen, dann wird die frei gewählte (!!) Verantwortung zur Last, und mein Wunsch nach Unabhängigkeit beginnt zu rebellieren.

Und zwar in Form von TROTZ.

Also was tun?

SCHRITT 4: MIT ACHTSAMKEIT ZUR KONSTRUKTIVEN HALTUNG

In meinen Augen ist dieses Puzzeln, Reflektieren und Analysieren schon die grundsätzliche Lösung.

Der Konflikt meiner beiden Grund-Bedürfnisse nach Verantwortung und Unabhängigkeit wird zwar nicht gelöst, aber sobald ich mir diese beiden Bedürfnisse so klar vor Augen führe, gebe ich ihnen beiden Raum und Luft. Ich erkenne ihren Wert und ihre Stärken an und kann ganz gewusst gewichten.

Eine achtsame und konstruktive Haltung für mein Bedürfnis-Dilemma könnte also zum Beispiel folgende sein:

Wenn ich in Zukunft wieder in eine Verantwortung freiwillig hineingehe, dann mache ich sie mir als Auftrag an mich selbst bewusst. Ich nehme achtsam wahr, wie lange mir dieser Auftrag gut tut. Wenn der Auftrag anfängt, mir nicht mehr gut zu tun, dann sorge ich dafür, dass ich mir rechtzeitig Hilfe suche, delegiere oder den Auftrag bewusst wieder abgebe.

Mein Tennis-Beispiel, so banal es ist, eignet sich zum Üben übrigens genauso wie die „großen“ Aufträge, die wir uns selbst geben: Allein-Verantwortliche Führungskraft, Mutter, Angestellte, Tochter, allein-verantwortlicher Vater, Projektleiter, Sohn oder Freund.

Wir alle spüren sie: die Aufträge und Rollen, die wir uns selbst kreieren und glauben, sie unbedingt ausfüllen zu müssen.

Einige von uns haben sie perfektioniert. Bis zur Selbstaufgabe. Wir erfüllen Erwartungen, übergehen alle Alarmzeichen in uns, alle Trotzanfälle und Frustrationen. Bis es nicht mehr geht.

Ich würde dafür plädieren, lieber den einen oder anderen Trotzanfall so richtig auszuleben und dann anschließend im „Zwischenspeicher der Gefühle“ puzzeln zu gehen, als all dies und damit uns selbst zu übergehen.

Denn sich selbst zu übergehen ist keinesfalls erwachsener als Trotz. Es ist ungesund, frustrierend und gefährlich.

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