Bedingungsloses Lob oder konstruktive Kritik – was darf’s denn sein??

Dez 16, 2014

Als ich anfing, regelmäßig in meinen Blog zu schreiben, schickte ich die Artikel kurz vorm Posten noch einmal an ein paar wenige Vertraute… Meistens begleitet mit schön „geschlossenen“ Fragen wie „Geht das so????“ oder „Sag unbedingt bescheid, falls irgendetwas GAR nicht geht.“ 😉

„Überraschenderweise“ kam dann auch ausnahmslos innerhalb kürzester Zeit ein „SUPER!!“ zurück.

War das jetzt eine rhetorische Frage? JAA!!!

Natürlich war ich mir schon vorher im Klaren darüber, dass diese Personen niemals etwas anderes als „SUPER!!“ schreiben würden. Genauso wie sie ihrerseits wussten, dass meine Frage nicht auf wirkliche Kritik oder echtes Feedback abgezielt hatte. Dass ich nicht hören wollte: „Also, für einen ersten Entwurf ganz okay. Schick mir gerne noch einen zweiten!“ oder „Ich würde da an der Struktur nochmal arbeiten – und das Ende finde ich noch nicht so ganz rund, und der Anfang ist auch noch nicht soooo doll…“

Sie vermuteten, dass ich lediglich eine letzte Versicherung brauchte, und wollten mir nur Gutes.

Tja, aber da fängt’s jetzt an, interessant zu werden…

Tun wir jemandem wirklich etwas Gutes, wenn wir seinen Text loben, obwohl wir ihn nicht optimal finden und noch Verbesserungsvorschläge hätten??

In den genannten Fällen war ich persönlich dankbar für das bedingungslose Lob, das zurückkam. Aber das ist nicht immer so.

Es gibt nämlich auch Situationen, in denen man lieber das hier hätte: eine konstruktive Kritik…

Willst Du’s wirklich wissen??

Wenn ich ernsthafte und konstruktive Kritik brauche, weil es z.B. ein besonders wichtiger Text ist, dann muss ich andere Fragen stellen… Oder manchmal frage ich sogar instinktiv andere Personen in meinem Umfeld. Personen, die mir zwar auch wohlwollend gegenüberstehen, aber immer das sehen, was man noch optimieren könnte. Das tut ab und zu weh, das gebe ich zu – aber ich weiß, dass der Text danach noch besser ist…

Kritiker haben vielleicht nicht den besten Ruf. Auch unsere „inneren Kritiker“ machen uns das Leben teilweise schwer. Aber das absolut Umwerfende an einer Kritik ist, dass sie uns im besten Falle weiterbringt, und dass sich der Kritiker Zeit für uns nimmt. Eine Kritik, wenn sie wohlwollend und konstruktiv ist, kostet den Kritiker Zeit und Energie, die er für uns investiert. Das ist ein Geschenk, für das wir sehr dankbar sein müssen.

Wissen wir immer, was gefragt ist?

Bedingungsloses Lob und konstruktive Kritik – beides sind Geschenke. Auf den richtigen Einsatz kommt es an. Dafür lohnt sich in jedem Fall, bewusst hinzuhören und die Motivation dahinter abzuklopfen – sowohl als Fragender als auch als Antwortender…

Die Motivation hinter dem obligatorischen „SUPER!!“ ist meistens ein Lob an meiner Person. Bedingungsloses Lob für MICH. Nicht (zwingend) für meinen Text. Genau das brauchte ich gerade am Anfang. Jemanden, der an mich glaubt. Und ich höre es auch heute noch gerne 🙂

Die Motivation hinter der konstruktiven Kritik ist, den Text (oder etwas anderes) noch besser zu machen. Auch das hilft dem Fragenden, aber eben auf ganz andere Art und Weise.

Sach- und Personen-Ebene trennen – das will geübt sein.

Leider wissen manchmal die Fragenden gar nicht, was sie in dieser Situation wirklich brauchen, und auch die Antwortenden greifen gelegentlich daneben.

Wer von uns war nicht schon einmal beleidigt, weil wir eine Sachkritik persönlich genommen haben? Und wer von uns hätte sich nicht an manchen Stellen ein sachliches Feedback gewünscht anstelle eines generellen Lobs?

Es ist eine Gratwanderung. Eine Gratwanderung, die auch sehr von den jeweiligen Personen, ihren Geschichten und Strukturen abhängt…

Es gibt aber in meinen Augen noch einen dritten Weg. Einen Weg, mit dem wir allen Freunden und Bekannten gerecht werden können – wenn wir es denn wollen 😉

Ehrliches Interesse für das, was sie tun. Das ist das schönste Geschenk.

Ob meine Freundin mir ein schnelles „SUPER!!“ sendet oder mein Bruder mir eine ausgeklügelte Kritik jedes einzelnen Satzes schickt – sie beide investieren Zeit und Energie darin, mich zu unterstützen. Jeder auf seine Art und Weise. Das ist das, was bei mir ankommt.

Vielleicht sollten wir uns das noch bewusster machen. Wenn ein Freund Dich um „Feedback“ bittet. Ob beruflich oder auch für persönliche Anliegen:

Höre genau hin.

Gucke genau hin.

Lobe oder kritisiere – das hängt von Dir ab.

Aber schenke dem Fragenden in diesem Moment Deine volle Aufmerksamkeit und Dein aufrichtiges Interesse.

Vielleicht ist das auch mehr wert als der 25. Pyjama zu Weihnachten…?!? 😉

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